Martin Mayer
Vita
Oskar Moll, geboren am 21. Juli 1875 in Brieg (heute Brzeg, Polen), war ein bedeutender deutscher Maler des 20. Jahrhunderts. Er war eine zentrale Figur der Klassischen Moderne und prägte die Kunstszene seiner Zeit durch seine innovative Farbgestaltung und seine enge Zusammenarbeit mit anderen führenden Künstlern.
Frühes Leben und Ausbildung
Oskar Moll begann seine künstlerische Ausbildung relativ spät, nachdem er sich zunächst mit dem Studium der Naturwissenschaften befasst hatte. Er entschied sich jedoch bald, seine Leidenschaft für die Kunst zu verfolgen und zog nach Berlin, wo er seine ersten Schritte als Künstler unternahm. 1903 trat er in die Klasse von Lovis Corinth ein, einem bedeutenden Vertreter des deutschen Impressionismus. Corinths dynamischer, pastoser Pinselstrich und die kräftige Farbgebung hinterließen einen tiefen Eindruck auf den jungen Moll und beeinflussten seine frühe Entwicklung als Maler.
Künstlerische Entwicklung und Zusammenarbeit
Ein entscheidender Wendepunkt in Molls künstlerischer Laufbahn war seine Begegnung mit Henri Matisse in Paris, wo Moll von 1907 bis 1911 lebte. Er wurde ein Schüler von Matisse und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der „Académie Matisse“, einer privaten Malschule, die Matisse für seine Schüler gegründet hatte. Diese Zeit in Paris prägte Molls Stil nachhaltig. Unter dem Einfluss von Matisse entwickelte Moll eine Vorliebe für kräftige, leuchtende Farben und eine flächige, ornamentale Gestaltung, die charakteristisch für seinen späteren Stil wurde.
Während seiner Zeit in Paris knüpfte Moll enge Kontakte zu anderen Künstlern der Avantgarde, darunter Hans Purrmann, mit dem er eine lebenslange Freundschaft verband. Zusammen mit Purrmann organisierte Moll die erste deutsche Matisse-Ausstellung in Berlin, die erheblich zur Verbreitung der fauvistischen Ideen in Deutschland beitrug.
Künstlerische Reisen und Lieblingsmotive
Oskar Moll unternahm zahlreiche Reisen durch Europa, um sich künstlerisch weiterzubilden und Inspiration zu sammeln. Besonders prägend waren seine Aufenthalte in Italien und Frankreich. In Italien, insbesondere in Florenz und Rom, setzte er sich intensiv mit der Renaissance-Malerei auseinander, was seine späteren Arbeiten stark beeinflusste. Seine Werke zeugen von einer tiefen Auseinandersetzung mit den Farben und der Lichtgestaltung der Alten Meister.
Neben Paris und Italien besuchte Moll auch Belgien und die Schweiz. Diese Reisen vertieften seine künstlerische Perspektive und halfen ihm, seinen eigenen Stil weiterzuentwickeln. Molls Lieblingsmotive waren Landschaften, Stillleben und Porträts. Er liebte es, Gärten, besonders in der Provence und in Norditalien, zu malen, wo er die Farbspiele der Natur in leuchtenden Tönen festhielt. Sein Werk „Garten in Sorrent“ ist ein Beispiel für seine meisterhafte Fähigkeit, die Atmosphäre und die Farben eines Ortes einzufangen.
Große Ausstellungen und Galerien
Oskar Moll war auf vielen bedeutenden Ausstellungen seiner Zeit vertreten. Er nahm an den Ausstellungen der Berliner Secession und der Neuen Secession teil und war Mitglied der „Novembergruppe“, die sich für moderne Kunst einsetzte. Molls Werke wurden in großen Galerien in Berlin, München und Dresden ausgestellt, darunter die Galerie Nierendorf und die Galerie Der Sturm, die für ihre Förderung der Avantgarde-Kunst bekannt war.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Moll zum Direktor der Kunstakademie Breslau berufen, wo er bis zu deren Schließung 1932 lehrte. Während seiner Zeit an der Akademie förderte er junge Künstler und schuf ein kreatives Umfeld, das die Moderne in Deutschland maßgeblich beeinflusste.
Bedeutung und Vermächtnis
Oskar Moll gilt als ein wichtiger Vertreter der Klassischen Moderne in Deutschland. Seine Verbindung von fauvistischen Farbexperimenten mit einer tiefen Verwurzelung in der europäischen Maltradition machte ihn zu einem einzigartigen Künstler seiner Zeit. Obwohl sein Werk während der Zeit des Nationalsozialismus als „entartete Kunst“ diffamiert wurde, erlebte Moll nach dem Zweiten Weltkrieg eine Wiederentdeckung. Heute befinden sich seine Werke in bedeutenden Museen wie der Nationalgalerie in Berlin und dem Kunstmuseum Bonn. Molls Einfluss auf die deutsche Kunstszene ist unbestritten, und seine Arbeiten werden auch in der Gegenwart für ihre farbliche Brillanz und ihre innovative Formensprache geschätzt.